Den Augenblick leben
„Das Gewahr sein öffnet uns die Augen. Das ist wichtig, denn um uns herum gibt es viele Welten, die wir gar nicht wahrnehmen. Wir können sie hier und jetzt erfahren, wenn wir den Automatismus in unserem Denken und Tun durchbrechen.
Natürlich gibt es äußere Umstände, die den Zugang zu diesen Welten des gegenwärtigen Augenblicks erleichtern - die Blume, das Bild, der Duft, die Sonne
Doch dazu gehört auch die Entscheidung, sich so oft wie möglich berühren zu lassen. Zuzulassen, daß das Leben uns anrührt, uns erschüttert. Dies ist ein freiwilliger Akt. Wir treffen die Entscheidung, die Pforten unseres Geistes für das zu öffnen, was da ist, statt uns hinter unseren Schutzwällen zu verschanzen: Gedankenkreisläufe, Überlegungen, Sicherheiten, Pläne.
Es ist ein Akt der Befreiung, Befreiung von Gedanken über Zukunft und Vergangenheit: Gewahrsein versetzt uns ganz in die Gegenwart. Befreiung von Wertungen: Das Gewahrsein führt uns in die gegenwärtige Situation.
Unser Geist ist überfüllt! Manchmal sind das wichtige und interessante Dinge, manchmal aber auch vollkommen nutzlose. Sie behindern unsere Sicht, sodaß wir unsere Verbindung mit der Welt nicht mehr klar sehen.....Die Vergangenheit ist wichtig, die Zukunft ist wichtig. Wenn wir hier die Gegenwart hervorheben, heißt das nicht, daß sie überlegen ist. Nur, daß sie zerbrechlicher ist, daß sie es ist, die geschützt werden muß....sie ist es, der wir den Raum geben müssen, indem sie existieren kann.
(Christophe André, Die schöne Kunst des Innehaltens)